Die erste Führungsposition - und jetzt?
Plötzlich ist es soweit: Beförderung auf die erste Führungsposition. Eine aufregende und fordernde Situation, auf die der Führungskräftenachwuchs meist nicht oder unzureichend vorbereitet ist. Natürlich gibt es Menschen und Unternehmen, die Karrieren gezielt planen und dabei auch den Übergang von Fachkräften auf Führungsposition gezielt vorbereiten. Aber die Regel ist eher, dass Beschäftigte im Job fachlich glänzen, sich engagieren und reinhängen, positiv auffallen, mehr und wichtigere Aufgaben bekommen und sich so persönlich und fachlich weiterentwickeln. Das qualifiziert sie dann irgendwann, mit vielen anderen zusammen, für Führungsaufgaben. Aber das eigentliche Führen wird nur selten gezielt trainiert. Wenn dann die erste Führungsposition da ist, wagen viele den Sprung ins kalte Wasser. Just do it? Kann funktionieren, kann auch schief gehen. Gerade junge und unerfahrene Führungskräfte scheitern – wer aber auch nach dem Erreichen der Führungsebene weiter Karriere machen und aufsteigen will, sollte sich vorbereiten. Die häufigsten Fehler zu vermeiden ist gar nicht so schwer.
Selbstreflektion Wer bin ich und warum ist eine Frage, die in Unterhaltungen oft witzig-ironisch daherkommt. Tatsächlich sollte sie aber ganz am Anfang der Vorbereitung auf Führungspositionen stehen, idealerweise noch bevor die erste Stelle mit Führungsverantwortung übernommen wird. Denn als Chef oder Chefin zählen plötzlich die menschlichen Qualitäten mindestens so viel wie die fachlichen, oft mehr. Denn eine Führungskraft ist eben keine Fachkraft, die Führungskraft soll Fachkräfte anführen und für eine gute Anführerin oder einen guten Anführer ist es wichtiger, das Team zu motivieren und anzutreiben, als den Weg in allen Details zu kennen. Dafür gibt es ja die Fachkräfte. Also machen Sie sich Gedanken darüber, wie Sie führen wollen. Dabei hilft, sich darüber klar zu werden, was für ein Mensch man eigentlich ist, welche Werte man vertritt. Auch eine Reflektion über das bisher selbst erlebte Führungsverhalten ist hilfreich – was will ich übernehmen, was besser machen?
Kennenlernen Nehmen Sie sich die Zeit, das Team kennen zu lernen, als Team und in Einzelgesprächen. Das gilt selbst dann, wenn sie zuvor schon Mitglied waren. Denn die neue Rolle, der Aufstieg zur Teamführung, verändert das Beziehungsgeflecht im Team und zwischen Ihnen und dem Team. Deshalb sollten Sie sich die Zeit für diese Gespräche nehmen, selbst wenn Sie bereits mit allen im Team gut bekannt sind. Im Fokus sollte einerseits das persönliche Kennenlernen stehen, andererseits die Kommunikation des künftigen gemeinsamen Wegs.
Perspektive wechseln Als Führungskraft müssen Sie sich selbst kennen, dürfen aber nicht in der eigenen Anschauung stecken bleiben. Viele junge Führungskräfte machen den Fehler, ihr Team nach Ansichten und Vorlieben zu leiten und zu strukturieren, die sie selbst haben. Das wird aber scheitern, denn die Menschen, die Sie nun führen, ticken nicht alle gleich und nicht alle so wie Sie selbst.
Unternehmensziele Die Führungsposition erreicht zu haben heißt auch, die Unternehmensziele mehr in den Blick zu nehmen. Klar, irgendwo waren die auch zuvor schon da, aber im Joballtag geht es doch meist mehr um die eigenen Aufgaben, weniger darum, wie die sich in das Unternehmen einfügen. Nun aber sollten Sie auch diese Perspektive mehr im Blick haben, denn erstens ist das Teil ihrer Aufgabe. Zweitens müssen Sie sich damit beschäftigen, an welchen Zielen Sie nun gemessen werden. Und drittens demonstriert eine Führungskraft, die sich nur für das Schicksal ihrer eigenen Abteilung interessiert, nicht gerade den Willen, weiter Karriere zu machen.
Bescheidenheit Dass Sie zur Führungskraft befördert wurden, bedeutet nicht, dass Sie alles wissen und alles besser können als Ihr Team. Es bedeutet, dass Ihr Unternehmen glaubt, dass Sie ein Team leiten können. Faktisch steigt Ihr Wissen mit der Beförderung nicht, sondern sinkt eher. Denn fachlich sind Sie natürlich nach der Beförderung auch nicht besser als zuvor, es gibt also keinen Grund, sich so zu benehmen, als wüssten Sie alles. Tatsächlich nehmen Sie nach der Beförderung eine Position ein, für die Sie vermutlich weniger Erfahrung mitbringen als ihr Team für deren jeweilige Positionen. Und je länger Sie Führungskraft sind, desto weiter entfernen Sie sich meist von den konkreten Aufgaben – denn Sie haben ja eine Menge Führungsaufgaben, denen Sie nachkommen müssen und sind nicht mehr so nahe dran an den Projekten wie zuvor. Deshalb: Hören Sie dem Team zu und respektieren Sie dessen Wissen. Ihr Job ist nicht, mehr zu wissen als das Team, sondern auf der Basis des geballten Team-Know-Hows Entscheidungen zu treffen.
Ruhe Neue Besen kehren gut, sicher. Aber gleich im ersten Monat als Führungskraft alles über den Haufen zu werfen, was Sie vorfinden, ist keine gute Taktik. Im Gegenteil: Sie sollten idealerweise überhaupt nichts über den Haufen werfen, denn mutmaßlich übernehmen Sie ein gut funktionierendes Team in einem guten Betrieb. Solange es keinen Grund gibt, etwas neu zu organisieren, lassen sie es wie es ist: Never change a winning team, heißt es ja nicht umsonst. Überhastete und unnötige Neuorganisation stößt in der Regel nur das Team vor den Kopf, führt zu Reibungsverlusten und in der Summe zu einem schlechter arbeitenden Team. Statt intakte Strukturen neu zu ordnen, nur um vermeintlich Führungsstärke zu zeigen, konzentrieren Sie sich lieber darauf, Ihre Abteilung oder Ihr Team noch erfolgreicher zu machen als es bisher schon agiert hat. Das motiviert Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und verschafft Ihnen Pluspunkte für den nächsten Karriereschritt.