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Was darf in den Mindestlohn eingerechnet werden?

Es ist im sozialen Bereich eines der wichtigsten Versprechen der Großen Koalition und wird nun zum 1. Oktober umgesetzt: Die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro. Fachkräfte für dieses Geld zu beschäftigten dürfte kaum klappen, aber in vielen Betrieben gibt es auch Hilfsarbeitskräfte. Wenn deren Lohn nun steigt, welche Bestandteile des bisherigen Lohns dürfen einberechnet werden?
Veröffentlicht am 20.09.2022
Was darf in den Mindestlohn eingerechnet werden?

Für wen gilt der gesetzliche Mindestlohn?

Für alle Beschäftigten in Deutschland, außer wenn sie jünger sind als 18 Jahre und keine Ausbildung haben oder wenn sie direkt vor Aufnahme der Beschäftigung langzeitarbeitslos waren. Für Praktikantinnen und Praktikanten gilt er grundsätzlich auch, nicht aber bei einem Pflichtpraktikum. Freiwillige Praktika dürfen geringer entlohnt werden wenn sie der Berufsorientierung dienen oder eine Ausbildung begleiten und höchstens drei Monate dauern oder wenn sie Teil einer Einstiegsqualifizierung sind. Auch Saisonarbeitskräfte, egal welcher Nationalität, haben Anrecht auf den Mindestlohn, wenn die Arbeit in Deutschland ausgeführt wird.

Sind Überstunden im Mindestlohn enthalten?

Es gibt keine unbezahlten Überstunden. Sie müssen erfasst und mit dem Mindestlohn bezahlt werden, spätestens bis Ende des jeweiligen Folgearbeitsmonats. Die Entlohnung kann später erfolgen, wenn Überstunden im Rahmen eines schriftlich vereinbarten Arbeitszeitkontos geleistet werden, müssen aber auch dann mit mindestens 12 Euro entlohnt werden.

Gehören Sachleistungen zum Mindestlohn?

Nein, der Anspruch auf Mindestlohn kann laut Bundesarbeitsministerium nicht durch Sachleistungen ersetzt werden. Ausnahme: Saisonarbeitskräfte, die Kost und Logis enthalten. Aber auch dann darf die Anrechnung von Sachleistungen nicht höher sein als der pfändbare Teil des Arbeitsentgelts, zudem gibt es weitere Höchstgrenzen für einzelne Leistungen. Nähere Auskünfte erteilt der Zoll.

Dürfen Weihnachts- oder Urlaubsgeld angerechnet werden?

Ja, das dürfen sie. Aber nur dann, wenn diese Zahlungen unwiderruflich geleistet und zum Fälligkeitszeitpunkt ausgezahlt werden. Also wie bei den Überstunden der letzte Werktag des Folgemonats. Wenn Sie im Dezember Weihnachtsgeld zahlen kann dieses auf den Lohn im November angerechnet werden, Urlaubsgeld im August auf den Juli. Falls Sie Weihnachts- oder Urlaubsgeld anteilig jeden Monat auszahlen, darf es in den Mindestlohn eingerechnet werden.

Was ist mit Boni?

Freiwillig gezahlte Boni, die der Abgeltung der Arbeitsleistung dienen, dürfen auf den Mindestlohn angerechnet werden. Aber wirklich nur dann, wenn sie für die Arbeitsleistung gezahlt werden.

Dürfen auch Prämien und Zulagen eingerechnet werden?

Das kommt darauf an. Das Mindestlohngesetz gibt dazu keine detaillierte Auskunft, aber es hat seit 2015 viele Gerichtsurteile gegeben. Dabei hat sich in der Rechtssprechung die Tendenz gezeigt, dass Prämien und Zulagen, die gehaltsbezogen sind – also beispielsweise die Bauzulage oder Akkordprämien, auch Zulagen für besondere Gefahren, Schmutz oder Arbeit am Wochenende – in den Mindestlohn einberechnet werden dürfen. Nicht zulässig ist das hingegen für Nachtzulagen, Beiträge zu Altersversorgung oder Vermögenszulagen, Entsendezulage oder Aufwandszulagen wie etwa für Fahrtkosten oder die Teilnahme an Weiterbildungen.

Fazit

Alles, was als Vergütung für die Arbeitskraft gezahlt wird, darf bei der Berechnung des Mindestlohnes einbezogen werden. Alle Zahlungen, die aus anderen Gründen geleistet werden, nicht. So lautet die Faustformel, generell dürfte es in Zweifelsfällen immer ein guter Ratschlag sein, die Abstimmung mit dem Zoll zu suchen. Denn dieser ist die Behörde, die zuständig ist für die Überprüfung der Einhaltung des Mindestlohnes. Und wie ja immer mal wieder in den Nachrichten deutlich wird ist der Zoll durchaus auch vor Ort mit Kontrollen aktiv. Verstöße gegen das Mindestlohngesetz können teuer werden. Auf einem ganz anderen Blatt steht aber, wie Beschäftigten reagieren, wenn sie sich auf eine Lohnerhöhung durch einen höheren Mindestlohn freuen und dann vom Unternehmen „eine lange Nase“ gezeigt bekommen, indem durch die Einrechnung von Zulagen unterm Strich weniger von der erhofften Erhöhung ankommt, als erwartet.

https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsrecht/Mindestlohn/mindestlohngesetz.html

https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Arbeit/Mindestarbeitsbedingungen/Mindestlohn-Mindestlohngesetz/mindestlohn-mindestlohngesetz_node.html